Zettels Traum

Arno Schmidt

Arno Schmidts 1970 erschienenes, zwölf Kilogramm schweres Monumentalwerk Zettels Traum wurde oft mit dem Roman Ulysses von James Joyce verglichen. Ebenso wie dieses herausragende Werk spielt die Handlung von Zettels Traum mit wenigen Protagonisten an einem einzigen Tag. Sein Titel bezieht sich zum einen auf die Figur des Webers Nikolaus Zettel aus Shakespeares Mittsommernachtstraum, zum anderen spielt er auf Schmidts Arbeitstechnik mit Zettelkästen an.

Das sprachgewaltige Werk fällt nicht allein durch sein ungewöhnliches DIN A3-Format auf. Unkonventionell ist neben dem dreispaltigen Textaufbau auch die Textgestaltung. Bei vielen Begriffen verwendet der Autor eine eigenwillige Schreibweise, auf Grundlage der von ihm so genannten „Ethym-Theorie“, die zu einem entscheidenden Teil auf der Psychoanalyse Sigmund Freuds gründet. Sie dient dazu, den Wörtern einen weiteren, oftmals im Unterbewussten vorhandenen Gedanken, eine weitere Bedeutung oder Zweideutigkeit hinzuzufügen. Die unüberschaubare Fülle an literarischen und kulturgeschichtlichen Anspielungen stellt große Anforderungen an den Leser.

Anfang März 1946 gründete die 25-jährige Germanistin Ingeborg Stahlberg mit Lizenz der amerikanischen Militärbehörde in Karlsruhe den Stahlberg Verlag. Zunächst wurden Werke von Klassikern veröffentlicht, und mit der Reihe Ruf der Jugend trug der Verlag zur Förderung junger Autoren sowie unmittelbar zur Gründung von Hans Werner Richters „Gruppe 47“ bei. Ab den 1950er-Jahren erschienen bei Stahlberg bedeutende Werke der modernen französischen, italienischen, englischen und deutschen Literatur. Das über einen Zeitraum von zehn Jahren entstandene, 1334 Seiten lange Manuskript von Zettels Traum gab Arno Schmidt (1914–1979) am 15. März 1969 an den Verlag. Das Werk kam 1970 heraus, in dem Jahr, in dem der Verlag von der Stuttgarter Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck übernommen wurde. Die auf 2.000 Bände limitierte und vom Autor signierte Faksimile-Ausgabe des Original-Typoskripts war das letzte Buch des Stahlberg Verlags.

Jürgen Oppermann

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