Der in Karlsruhe geborene Bildhauer Hermann Volz (1847–1941) hatte in den Jahren von 1880 bis zu seinem Ruhestand 1919 eine Professur für Bildhauerei an der Karlsruher Akademie inne. Künstlerische Bedeutung gewann er vor allem durch seine Großplastiken für zahlreiche Denkmäler und Brunnen.
Neben vielen Auftragsarbeiten umfasst das Œuvre auch kleinere Plastiken und Skulpturen in den Materialien Holz und Bronze. Der in Lindenholz gearbeitete Stehende Akt entstand um 1900 in einer Zeit des stilistischen Umbruchs im Werk von Hermann Volz. Beeinflusst von der Formensprache des Jugendstils werden die Bewegungen seiner Figuren fließender, die Körperauffassung realistischer.
Die hier dargestellte weibliche Figur lehnt in einer entspannten Pose an einem Baumstamm. Ihr Blick ist nach unten und gleichermaßen nach innen gerichtet. Der grob bearbeitete Baumstumpf, der auf seiner Oberfläche deutliche Spuren des Schaffensprozesses aufweist, ist in Kontrast zu der grazilen weiblichen Figur gesetzt, die sehr fein ausgeführt ist. Das Inkarnat der glatten Haut erhält durch die polierte Oberfläche einen schimmernden Glanz. In Hüfthöhe ist ein Tuch in einen bewegten Schwung über den Oberschenkel der jungen Frau drapiert, das gleichermaßen eine Verbindung der beiden Elemente Stütze und Figur schafft.
Das Museum Ettlingen besitzt den künstlerischen Nachlass des Bildhauers Oskar Alexander Kiefer (1874 –1938), der in den Jahren 1896–99 das Studium der Bildhauerei an der Karlsruher Akademie absolvierte und Meisterschüler von Hermann Volz war. In diesem Nachlass befindet sich eine Lindenholzfigur mit dem Thema der Venus Kallipygos, die nur wenige Jahre nach dem Stehenden Akt seines Lehrers Volz entstand. Sie zeigt deutlich dessen Einfluss auf die Oberflächenbearbeitung Kiefers. Der durch den Erwerb der Figur von Hermann Volz ermöglichte Dialog und die Gegenüberstellung dieser beiden Künstler im musealen Kontext ist für uns besonders wertvoll.
Daniela Maier
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