Papier wurde in Europa seit dem Mittelalter aus Hadern (Lumpen) hergestellt. Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts begann man aufgrund des gestiegenen Papierbedarfs, alternative, in großen Mengen vorhandene Rohstoffe zu verwenden. Es wurde ein Verfahren entwickelt, Papier aus geschliffenen Holzfasern herzustellen und mit einer Harz-Alaun-Leimung anstelle des vorher üblichen tierischen Leims beschreibbar zu machen. Diese neuen Materialien bilden bei der Alterung Säuren aus, welche die Zellulose als Hauptbestandteil des Papiers zersetzen.
Der Abbauprozess wird durch schlechte Lagerungsbedingungen beschleunigt und zeigt sich schon nach kurzer Zeit darin, dass das Papier vergilbt. Binnen weniger Jahrzehnte verliert es an Festigkeit und bricht schließlich bereits bei geringsten mechanischen Belastungen wie dem Umblättern einer Buchseite. Durch die Entsäuerung können die im Papier vorhandenen Säuren neutralisiert und eine alkalische Reserve in das Material eingebracht werden. Heutzutage werden Papiere, welche lange haltbar sein sollen, deshalb aus reiner Zellulose, frei von verholzten Fasern und mit einer neutralen Leimung hergestellt.
Die Stiftung Hirsch förderte 2017 die Entsäuerung mehrerer Bände der Zeitschrift Der Sturm und unterstützte die Staatliche Kunsthalle somit bei einer zentralen Aufgabe der Museumsarbeit: dem Bewahren. 1910 von Herwarth Walden (1878–1941) gegründet, bildete Der Sturm eine der wichtigsten Plattformen für die Propagierung und Verteidigung der europäischen Avantgarde. „Kunst“, so lautete Waldens tiefe Überzeugung, „ist Gabe und nicht Wiedergabe.“ Mit seiner Zeitschrift Der Sturm und der gleichnamigen Berliner Galerie trat Walden früh für Künstler ein, die heute zu den Größen auch in der Moderne-Sammlung der Kunsthalle gehören. Unter ihnen befindet sich der Hannoveraner Kurt Schwitters (1887–1948), dessen abstrakte Bildfindung das hier gezeigte Titelblatt der vierten Ausgabe des Jahrgangs 1919/20 ziert.
Rebecca Honold, Sebastian Borkhardt
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